Ergebnisse einer Befragung von 2012

Universität Zürich, Zentrum der Gerontologie
Die Lebens- und Wohnsituation
älterer Menschen in der Stadt Zürich

Eine Sonderauswertung aus den Bevölkerungsbefragungen der Stadt Zürich,
im Auftrage der Stadtentwicklung Zürich

Verfasser: Alexander Seifert & Hans Rudolf Schelling

Zürich, Januar 2012

Durchgeführt wurden 2'500 Interviews mit Menschen ab 18 Jahren, die seit mindestens einem Jahr in der Stadt Zürich wohnen. Der Fokus liegt auf Personen ab 60 Jahren.

Zitat: „Das Alter ist ein weiter Begriff, welcher häufig eindimensional interpretiert wird. Die gerontologische Datenlage weist schon seit längerem klar darauf hin, dass es - pointiert ausgedrückt -. „das Alter“ nicht gibt. Aeltere Menschen unterscheiden sich nicht nur bezüglich ihrer körperlichen, geistigen und sozialen Funktionen, Lebenstile und materiellen Bedürfnisse und Möglichkeiten enorm, auch der Prozess des Alterns verläuft sowohl zwischen als auch innerhalb der Menschen von Generation zu Generation unterschiedlich.“
(Martin, Moor & Sutter, 2010, S.6)

Zusammenfassend sollen ausgewählte Punkte genannt werden:

Personen ab 60 Jahre leben gerne in der Stadt Zürich und bewerten, wenn auch etwas weniger stark als jüngere, die Lebensqualität in der Stadt als sehr hoch.

Als Hauptprobleme der Stadt werden neben Verkehrsfragen,
Wohnungsproblemen und anderen Bereichen deutlich häufiger als bei jüngeren Personen Ausländerfragen, Sauberkeit in der Stadt und Sicherheitsfragen (Kriminalität) genannt.

Diese Themenbereiche zeigen sich auch auf Quartiersebene als zentral.

– Ältere BewohnerInnen sind mit ihrer eigenen Gesundheit mehrheitlich zufrie-den, jedoch verändert sich dieses Bild zunehmend im höheren Alter (ab 80Jahre). Die eigene Gesundheit ist für die ältere Stadtbevölkerung ein zentrales Thema.

– Mit den Einrichtungen und Angeboten der Stadt Zürich sind ältere Bewohner-Innen insgesamt zufrieden, weniger zufrieden als jüngere sind sie jedoch mit der Sauberkeit der Strassen.

Ältere Personen leben in der Stadt Zürich vorwiegend im privaten Haushalt und dort hauptsächlich als MieterIn oder GenossenschafterIn. Dennoch ist der Anteil der älteren EigentümerInnen mit über 17 % überdurchschnittlich.

Mit höherem Lebensalter, insbesondere ab 80 Jahren, wandelt sich das
Mehrheitsverhältnis der Haushaltsform von Paarhaushalten hin zu Einpersonenhaushalten,
welche vorwiegend von verwitweten oder ledigen Frauen bewohnt werden. Dennoch bewohnen sie verhältnismässig mehr Zimmer als jüngere Personen.

Personen ab 60 Jahre wohnen bereits länger in ihren Haushalten und zeigen eine geringe Wohnmobilität als jüngere Personengruppen, dies ist mit ein Grund, warum sie im Durchschnitt weniger Mietzins bezahlen. Jedoch besteht bei einer nicht zu vernachlässigenden Anzahl die Gefahr, dass sie aus ihren Wohnungen herausgekündigt werden und dann neue Wohnmöglichkeiten suchen müssen. In diesem Fall orientieren sich ältere eher nahräumlich und suchen Wohnungen im eigenen oder einem anliegenden Quartier.

Die allgemeine Zufriedenheit mit verschiedenen Aspekten (Wohnung,
Wohnumfeld, Gegebenheiten im Quartier, wirtschaftliche Lage, Freizeitsituation,
Verkehrssituation) ist bei älteren Menschen hoch, oft auch höher als bei jüngeren Menschen.

– Ältere BewohnerInnen der Stadt Zürich nutzen weniger häufig das Auto für täg-liche Besorgungen und Fahrten, dafür häufiger die öffentlichen Verkehrsmittel oder sie sind zu Fuss unterwegs.
Daher sind für sie Themen wie Erreichbarkeit von Haltestellen und Einkaufs-möglichkeiten sowie öffentliche Plätze zum Verweilen wichtig.

– Ältere BewohnerInnen nehmen häufiger als jüngere Personen negative Verän-derungen im Quartier wahr und sehen diese u.a. in baulichen Erneuerungen sowie Veränderungen der Quartierbewohnerschaft.

Aber auch Sauberkeit und Sicherheit im Quartier sind relevante Themen für ältere Menschen.

Die Wohnumgebung ist für ältere Menschen neben der eigenen Wohnung ein wesentlicher räumlicher Bezugspunkt. Nachbarschaft und Nachbarschaftshilfe sind für sie wichtig, jedoch bestehen vorwiegend funktionelle Beziehungen und weniger tiefe freundschaftliche Bindungen. Jedoch bieten viele ältere Bewohner-Innen ihre Nachbarschaftshilfe an.

– Inwieweit die Nachbarschaft als Ressource bei der Lebensgestaltung im Alter verstanden werden kann, konnte anhand der Erhebungsdaten nur geringfügig beantwortet werden. Dennoch kann festgehalten werden, dass die
Wohnumgebung im Alter an Bedeutung zunimmt und gerade in der Stadt ausserfamiliäre Netzwerke relevanter werden
, da familiäre Bezugspersonen seltener sind resp. nicht so nahräumlich verankert sind wie in ländlichen Regionen.

Ältere Menschen sind ähnlich stark wie jüngere in Vereinen, Organisationen und ehrenamtlichen Strukturen involviert. Jedoch investieren Personen ab 60 Jahre deutlich mehr Zeit in ehrenamtlichen Tätigkeiten ausserhalb von Vereinen und Organisationen.

Das Internet nimmt zwar auch bei älteren Menschen an Bedeutung zu, jedoch ist die tatsächliche Nutzung gerade bei Personen ab 75 Jahre sehr gering (noch geringer bei älteren Frauen mit wenig Einkommen und mit Migrationshinter-grund).

– Bei bestimmten Fragestellungen (u.a. bei Zufriedenheit mit Wohnumgebung, Merkmalen des Quartiers wie Sicherheit, Nachbarschaftspflege) zeigen sich quartierspezifische Unterschiede, welche teilweise stärker als alterspezifische Unterschiede wirken.

– Die nationale Herkunft der älteren Personen nimmt bei bestimmten Frage-stellungen einen Einfluss auf die Beantwortung (z.B. Zufriedenheit mit der Stadt und der Lebenssituation, Einkommenssituation, Wahrnehmung von Problemen in der Stadt, kulturelle und vereinsorganisierte Tätigkeiten).

Das Alter als Lebensphase ist demnach geprägt durch diverse Themen wie Gesundheit, Sicherheitswahrnehmung, Wohnzentrierung und Wahrnehmung von Veränderungen. Die Gruppe der älteren BewohnerInnen in der Stadt Zürich ist sehr heterogen; den „älteren Menschen“ gibt es nicht.

Es konnte nachgewiesen werden, dass bei vielen Fragen das Lebensalter weniger für die Varianz einer Beantwortung verantwortlich ist als sozioökonomische Faktoren (Einkommen, Bildung) oder sozialräumliche Aspekte.

Schluss dieser Zusammenfassung.