Roberta Fischli, Friday 20 Minuten
Mit diesen Tipps meisterst du Vorträge souverän
Das Präsentieren wird in der Arbeitswelt immer wichtiger – doch die meisten haben Angst,
vor Publikum zu sprechen. Wir haben bei einer Expertin um Rat gefragt.
Von Roberta Fischli
Erst wird es still. Dann wird es heiss.
Eben hast du dich noch halbwegs entspannt gefühlt, die Notizen in der Hand, die Bluse sitzt. Aber jetzt wird dein Name aufgerufen und fremde Augenpaare richten sich auf dich. Plötzlich beginnt der Stoff zu jucken und du spürst, wie sich die
Panik in deinen Nacken schleicht und deinen Mund austrocknet, wie sich das Blut in deinem Kopf staut und alle Schweissporen gleichzeitig in die Überproduktion fallen. Was jetzt? Wir haben Yaël Herz, Dozentin für Auftrittskompetenz an der Pädagogischen
Hochschule Zürich, um Tipps gebeten.
1. Wovor habe ich eigentlich Angst?
Vor Leuten
zu sprechen ist für die meisten schlimm. Das liegt daran, dass das Sprechen vor Publikum für viele von uns eine Ausnahmesituation ist. Man ist komplett ausgeliefert - nicht nur den Zuhörern, sondern eben auch den eigenen Unsicherheiten
und Neurosen, die man nicht unter Kontrolle hat.
2. Geht es je vorbei?
Nein. Aber das
ist auch nicht schlimm, denn der Stress bringt uns dazu, unsere Ideen mit mehr Energie zu vermitteln. Statt die Aufregung zu verteufeln, sollten wir lernen, richtig damit umzugehen.
3. Was soll ich nur mit meinen Händen machen?
Ein Stift in der Hand sorgt für Halt und Sicherheit. Du kannst nicht still stehen? Solange du nicht wild rumzappelst,
ist das in Ordnung. Bewegungen sorgen für Dynamik und helfen dem Körper nebenbei, Stress abzubauen.
4. Ich werde immer rot oder kriege
so komische Flecken im Gesicht. Warum?
Das sind Stresssymptome. Akzeptiere dich so, wie du bist, mit tomatenroten Wangen oder ohne. Wenn du deine Nervosität mit einem Witz selber auf die
Schippe nimmst, nimmst du der Situation sofort die Peinlichkeit. Je weniger Panik du hast, desto besser - und desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass dir das nächste Mal wieder das Blut in den Kopf schiesst.
5. Soll ich alles auswendig lernen?
Auf keinen Fall! Wer stur alles auswendig lernt, leiert die Sätzeherunter und setzt Stimme
und Melodie falsch ein. Es ist wichtig, dass du beim Sprechen die Gedanken neu entwickelst. Nur so kannst du dein Publikum auch mitreissen. Viel besser als auswendige Sätze ist, Stichworte zu notieren.
6.
Gibt es eine Übung, die mir hilft?
Beim Einatmen nimmst du die Hände zu deinem Gesicht und schöpfst fiktiv Luft. Beim Ausatmen sprichst du laut den Buchstaben F aus und drückst die Hände wieder weg
von deinem Körper. So bringst du Bewegungen und Atmung ins Gleichgewicht und beruhigst deinen Puls.
7. Welche Körperhaltung hilft?
Posiere vor deinem
Vortrag wie ein Superheld! Das beeinflusst die Hormonausschüttung und damit deine Wirkung auf dich und andere. Mach dich gross und streck dich für mindestens zwei Minuten. Du wirst dich grossartig fühlen. Das merkt dann auch dein Publikum.
8. Wie entwickle ich eine positive Ausstrahlung?
Auch wenn dir beim Gedanken an den nahenden Auftritt zum Weinen zumute ist: Zieh deine Mundwinkel nach oben und lächle
vor dich hin. Nach ein paar Minuten trickst du so dein Gehirn aus, und es schüttet Glückshormone aus.
9. Wie kann ich deutlicher sprechen?
Steck
dir einen Korkzapfen in den Mund, bevor du auf die Bühnetrittst, und trage deinen Vortrag so nochmals für dich vor. Durch die zusätzliche Anstrengung sind deine Muskeln aufgewärmt – danach sprichst so deutlich wie noch nie.
10. Ich habe Angst, dass man mich nicht versteht.
Anstatt dich atemlos in die Präsentation zu stürzen, lasse den Blick vor dem Vortrag ruhig durch die Zuschauermenge
wandern, und vergiss dabei nicht, die Zuhörer in der letzten Reihe anzuschauen. So markierst du Präsenz, steckst visuell dein Territorium ab - und dein Körper stellt sich automatisch auf die richtige Stimmlautstärke ein.
11. Hilft Üben vor Publikum wirklich?
Ja. Egal, ob du dich im Seminar endlich zu Wort meldest oder deine kleine Schwester deinen Vortrag im Kinderzimmer Probe hören
muss. Spätestens nach der dritten Mutprobe bist du um drei Erkenntnisse reicher: Keiner hat dich ausgelacht. Die Erde dreht sich weiter. Du lebst noch.
Yaël Herz studierte nach ihrer Ausbildung zur
Primarlehrerin Theaterpädagogik an der Zürcher Hochschule der Künste. Seit 2003 ist sie an der Pädagogischen Hochschule Zürich Dozentin für Auftrittskompetenz.