Glosse aus dem erfundenen RC Redliwil

Der Präsenzoptimierer

Als Rotary Schweiz/ Liechtenstein seine Jahresbilanz zog, lag ein Club mit seiner Präsenzquote wie immer auf dem letzten Platz – der RC Redliwil. „Das muss sich ändern“, forderte Präsident Bräker und ernannte Moritz Hürlimann zum POB des Clubs, zum Präsenz-Optimierungs-Beauftragten.

Hürlimann machte sich umgehend ans Werk. Als Erstes definierte er die „Präsenz“ neu. Wer ihm belegen konnte, dass er eigentlich zum Meeting kommen wollte, aber zu lange auf einen Handwerker warten musste, erhielt eine Gute-Absicht-Präsenz. Wer den Club mit einer Urlaubskarte aus Mauritius grüßte, erwarb sich eine Ideelle Präsenz. Wer per E-Mail Anteil am Clubgeschehen nahm, dem wurde die Virtuelle Präsenz gutgeschrieben. Wer dreimal hintereinander zum Meeting gekommen war, erhielt eine zusätzliche Bonuspräsenz.

Hürlimann erfand auch die Kompakt-Präsenz. Die wurde erworben, indem man kurz vor dem Meeting mal freundlich im Gasthof Wohlfahrt in das Clublokal hineinwinkte, ehe man wieder ging. Die Kompakt-Präsenz erfreute sich bald großer Beliebtheit.

„Aber es reicht noch nicht“, berichtete Hürlimann. Also führte er die Globalisierungspräsenz ein. Präsenzen an prestige-trächtigen Orten wie Paris-Neuilly, Washington D.C. oder Basel wurden doppelt gewertet. Ebenso der Besuch eines Meetings auf den Falklandinseln, allein schon wegen der riesigen Entfernung.

Da das immer noch nicht reichte, verfiel Hürlimann auf die Greif-Präsenz. Mit seinem Smart kurvte er eine Stunde vor dem Meeting durch Redliwil. Einen Freund zerrte er von der Couch eines Psychotherapeuten, den anderen löste er im örtlichen Notariat aus, den dritten befreite er aus der Selbsthilfe-gruppe alleinerziehender Väter. Den vierten rettete er beim Zahnarzt vor einer Wurzelextraktion, und zu fünft fuhren sie frohgemut zum Meeting.

Bei der nächsten Jahresbilanz war der RC Redliwil die Nummer eins in Sachen Präsenz, und Hürlimann meinte: „ Schaut mal, es geht doch!“