Gedanken eines unbekannten Artgenossen

Wie sich doch die Welt verändert!

Wie wir uns doch mit der Welt verändern!

Merken wir das noch?

Es fällt mir auf, dass jetzt auf einmal alles viel weiter entfernt ist als noch vor ein paar Jahren. Jetzt ist es sogar doppelt so weit bis zur Strassenecke und diese Strasse ging doch früher gar nicht bergauf.

Die Treppen wurden um die Hälfte verlängert und viel steiler gemacht und die Stufen sind auf einmal viel höher als früher.

Das Rennen auf den Bus habe ich ganz aufgegeben; er fährt in letzter Zeit ohnehin immer zu früh ab.

Mit dem Auto zu fahren wird auch immer gefährlicher, denn heutzutage fahren so viele Leute verkehrt, sodass ich mich immer wieder wundern muss, heil nach Hause gekommen zu sein. Demgegenüber sind viele Autofahrer heute sehr freundlich zu mir; sie hupen zum Grusse oder winken mir mit dem Mittelfinger zu. Ich wundere mich immer wieder, warum mich so viele Leute kennen.

Bücher und Zeitungen werden neuerdings mit kleineren Buchstaben gedruckt, das ist der neue Spardruck, der jetzt überall eingeführt wurde.

Ich weiss auch nicht, weshalb heute plötzlich alle Leute so leise sprechen, dass man sie kaum verstehen kann.

Für die Kleider wird heutzutage zuwenig Stoff verwendet, vor allem um den Bauch, aber auch um die Hüften. Auch die angegebenen Konfektionsgrössen machen sie heute viel kleiner als früher, daran sind aber die geizigen Chinesen schuld.

Auch die Spiegel sind nicht mehr das, was sie einmal waren. Ich habe einen ganz Neuen, aber der hat jetzt schon so eigenartige Furchen und meine Haare sind darin überhaupt nicht sichtbar.

Neulich traf ich den Dings, also den Dingsda, ja Sie wissen schon, er ist ein Nachbar von mir, der hat nicht einmal mehr meinen Namen gewusst.

Und nachts liege ich oft wach im Bett und denke, mein Gott, was machst du bloss, wenn du einmal alt wirst? 
Dann schlafe ich meistens ein und schnarche diskret jugendlich.

(Schluss)