Anleitung von Frau Rosemarie Meier

Frau Rosemarie Meier

Anleitung zum Glücklichsein
Rosemarie A. Meier Leitung Bürgerasyl-Pfrundhaus

Ein Panorama von Glückserfahrungen von Bewohnerinnen und Bewohnern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Alterszentrums Bürgerasyl-Pfrundhaus

Was drücken Menschen aus, wenn sie von Glück reden? Empfinden alte Menschen überhaupt noch Glück?

Die Ausschnitte aus Gesprächen mit Bewohnerinnen und Bewohnern des Alterszentrums Bürgerasyl-Pfrundhaus zeigen ein grosses Panorama von Glücksempfindungen oder „bonheur“, wie die Franzosen trefflich ausdrücken. Viele sagen, dass man mit dem Älterwerden die Sachen ruhiger nimmt und gelassener wird. „Die weisen Alten können aus einem Elefanten eine Mücke machen“, sagt eine Bewohnerin. Man lernt, das Schicksal zu akzeptieren, Schwächen und Krankheiten anzunehmen.

„Grosses Glück empfinde ich, wenn mein Körper freundlich zu mir ist“, sagt eine fast 90jährige Bewohnerin.

Wenn man die Aussagen liest, bekommt man den Eindruck, dass oft das Kleine, Alltägliche, Naheliegende Glücksgefühle auslöst, wenn man aufmerksam und offen dafür ist.
„Die Kostbarkeit des Lebens wird einem bewusster“, wie jemand sagt.


Während das Leben vergeht, geniesst man die Augenblicke, man kostet das Rauschen der Bäume oder den Geruch der Blumen. Oder liegt das Geheimnis des Glücks darin – wie viele betonen –, dass man etwas Gutes tut, sich um andere sorgen und helfen kann?
Andere betonen, wie wichtig ihnen die Selbständigkeit und Unabhängigkeit von Normen und Zwängen ist, dass sie im Laufe des Lebens zu sich selbst gefunden haben: „Das ist Glück: Ich kann machen, was ich will. Ich bin, wie ich bin“.

Wir haben auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefragt, was für sie Glück bedeutet. Wir finden viele ähnliche Aussagen wie bei unseren Bewohnerinnen und Bewohnern:
„Glück ist ein Moment, wo man ganz bei sich ist“, sagt eine Mitarbeiterin. Gute Beziehungen zu haben, für andere etwas tun, sein Glück teilen zu können, gesund zu sein, Materielles loslassen zu können, das bedeutet Glück.

Viele sind glücklich, weil sie eine gute Stelle haben oder weil sie eine Ausbildung erfolgreich abschliessen.
Ein Mitarbeiter aus Somalia sagt: „Alte Menschen haben auch Verpflichtungen. Sie können Vorbild sein und ihre Erfahrungen weitergeben.“
 
Es macht den Eindruck, als ob die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch den engen Kontakt mit den Bewohner/innen genau beobachten würden, wie es sich gut leben lässt im Alter. Es entsteht ein wunderbarer Austausch, bei dem Bewohner/innen und Mitarbeiter/innen voneinander lernen.

Mit diesen eindrücklichen Aussagen zum Thema Glück möchten wir das Leben und Arbeiten im Bürgerasyl-Pfrundhaus von verschiedenen Seiten beleuchten und einen Einblick in die vielfältigen Lebensvorstellungen, Erfahrungen und Sichtweisen geben.
Rosmarie A. Meier Leitung Bürgerasyl-Pfrundhaus

Weitere Zitate
Durch das Älterwerden kann man die Sachen ruhiger nehmen, man hat mehr Verständnis, man ist grosszügiger, dankbarer und hat mehr Distanz. Manchmal fühle ich mich wie in einem Schiff, das sich vom Ufer entfernt. Das feste Land rückt weiter weg und hat immer weniger Konturen. Es wird verklärter, idealer, transparent.
Alexandra Szigeti, 86j.

Glück sind Momente im Leben, bei denen ich ganz bei mir sein kann: Augenblicke, wo alles stimmt. Im Beruf ist Glück für mich, wenn ich erlebe, dass es zum Beispiel jemand wieder schafft, selbständig ins Tram zu steigen.
Brigitta Gomes, Physiotherapie, 65j.

Für mich bedeutet Glück: Leben, Gesundheit, arbeiten und reisen können. Ein langes Leben bedeutet Glück. Alte Menschen haben aber auch Verpflichtungen. Sie können Vorbilder sein und ihre Erfahrungen weitergeben.
Yusuf Mohamed Abdulkadir, Gastronomie, 37j.

Wenn man älter wird, wird vieles anders. Ich hätte nie geglaubt, dass man im Alter so viele Erfahrungen machen kann. Das ist eine grosse Freude. Am liebsten würde ich es so ausdrücken: Glück ist flüchtig, vielgestaltig, unbeherrschbar. Immer ist es eins mit dir.
Lilo Pichert, 92j.

Geld allein macht nicht glücklich, sonst springt man immer dem Glück hinterher. Ich verbringe die Zeit lieber mit guten Menschen. Wenn jemand aus einer grossen Wohnung in ein kleines Zimmer im Altersheim zieht, ist das ein Verlust. Aber ich erlebe, dass die BewohnerInnen sagen: „Sehen Sie“ – und zeigen auf die Möbel und Bilder –, „das alles ist unwichtig“.
Amandeep Saini, Betreuung & Pflege, 42j.
 
Meine Freundin zum Beispiel macht mich glücklich. Oder ein Tag mit schönem Wetter, oder der Frühling. Ich habe viele Jahre alleine gelebt. Man muss offen sein für die anderen Menschen. Von alleine kommt niemand auf einen zu. Hier bin ich gut versorgt und das macht mich froh und unabhängig.
Gertrud Hecht, 95j.

Ich bin sehr glücklich, weil ich eine gute Stelle habe. Manchmal braucht man auch einfach Glück im Leben. Ich nehme das Leben so, wie es kommt. Ich versuche optimistisch zu sein und denke oft am Morgen: Heute wird ein guter Tag, es kommt gut.
Fitnete Kryeziu, Hotellerie, 39j.

Glück ist eine Erfüllung. Es ist etwas im Innern, eine innere Harmonie, ein schönes Gefühl. Man ist zufrieden, dankbar, wird bescheiden. Ich geniesse es hier, und es macht mich glücklich, wenn am Morgen alle fröhlich sagen: Guten Morgen
Frau K. Iris Katz, 90j.

Manchmal packe ich jemanden in den Rollstuhl und fahre in den Garten, wir schauen der Schildkröte zu oder den Hühnern. Das zaubert den meisten ein Lächeln aufs Gesicht.
Melanie Junker, Betreuung & Pflege, 30j.

Es ist einfach schön, wenn ich ins Meer schauen kann, wenn ich dem Rauschen der Bäume und dem Wind zuhören kann. Wenn ich offen und neugierig bleibe, kann ich viel zu meinem Lebensglück beitragen. Neid ist Gift. Dankbarkeit fördert das Glücksempfinden.
Anne-Marie Korn, 85j.
 
Ich bin glücklich, wenn ich mit dem Gefühl im Fluss sein kann. Oder wenn ich Sachen machen kann, die mich erfüllen und Freude bereiten. Wenn man teilt und weitergibt. Oder dankbar ist für die kleinen, alltäglichen Dinge.
Esther Hochstrasser, Betreuung

Ich habe mehr Zeit zum Träumen. Ich nehme jetzt wieder Gesangs-unterricht, und das macht mich glücklich. Wenn man älter wird, fällt einem vieles leichter. Aber man muss loslassen können. Man wird gelassener und ist mit weniger zufrieden. Die weisen Alten können aus einem Elefanten eine Mücke machen. Loni Niederer, 89j.

Älterwerden ist nicht mit mehr Glück verbunden. Aber die Kostbarkeit des Lebens wird einem bewusster. Wir sind im Leben Empfänger und Geber. Auch als Bewohnerinnen im Alterszentrum sorgen wir für andere, und das beglückt uns. Die Gemeinschaft ist sehr wichtig für das Wohlbefinden und die Zufriedenheit.
Erika Marthaler, 97j.
 
Meine Familie und mein Arbeitsort machen mich glücklich. Wir sollten alles viel gelassener nehmen, die alltäglichen Dinge schätzen lernen und nicht ständig mehr anstreben. Glück verdoppelt sich, wenn man es teilt.
Gabriel Markaj, Hauswartung, 26j.

Die Zahl 13 bringt mir Glück. Um glücklich zu sein, braucht es manchmal auch Talent. Oder einen guten Apfelkuchen mit Sahne. Ein schönes Musikstück aufgeführt zu erleben oder einen geliebten Sänger zu hören, wie z.B. Josef Schmidt, den ich persönlich gekannt habe.
Winfried Reuper, 88j.


Ich war als junger Mensch sehr krank. Ich bin fast erblindet. Und heute sehe ich immer noch. Das ist ein Glück. Ich kann machen, was ich will. Ich bin, wie ich bin. Ich bin wie eine Schildkröte. Ich geniesse die letzten Sonnenstrahlen vor dem Winterschlaf.
Heidi Landolt, 89j.

Es bereitet mir viel Freude, ein Teil der Natur zu sein, mich an Schönes erinnern zu können. Ich bin dankbar für gute Freundschaften und Beziehungen und möchte dies einer Person gegenüber auch aussprechen können.
Luzia Müller, Aktivierung, 40j

Gesundheit, Liebe und Vertrauen sind für mich die Grundlagen von Glück. Wenn ich das Essen schöpfe, strecke ich manchmal schnell den Kopf in den Speisesaal. Dann freuen sich alle. Der persönliche Kontakt hier zu den Bewohnerinnen und Bewohnern ist schon sehr schön.
Liz Egli, 90j

Schluss